Ein Jahr als Fraktionspräsident: Stefan Langenauer im Interview
6. November 2024 – Seit einem Jahr leitet Stefan Langenauer die Die Mitte Kantonsratsfraktion als Fraktionspräsident. Im Interview teilt er Einblicke in seine Arbeit und spricht über Erfolge des vergangenen Jahres und die kommenden Herausforderungen. Lesen Sie, wie er die Positionen der Partei nach aussen vertritt und die Fraktionsarbeit koordiniert.
- Wie haben Sie das erste Jahr als Faktionspräsident erlebt? Gab es unerwartete Herausforderungen oder Überraschungen? Highlight des Jahres?
Nach der Wahl von Dominik Blunschy in den Nationalrat durfte ich gegen das Ende der Legislatur 2020-2024 hin eine gut eingespielte Fraktion mit erfahrenen Kantonsrätinnen und Kantonsräten übernehmen. Der Einstieg wurde mir somit leicht gemacht, und Dominik hat eine tolle Übergabe organisiert.
Im Alltag bringt das Fraktionspräsidium mehr organisatorische Arbeit mit sich (Fraktionssitzungen; Mitglied der Ratsleitung, welche den Ablauf der Kantonsratssitzungen festlegt; Abstimmung mit anderen Fraktionen) und einige repräsentative Verpflichtungen inkl. Reden an den Feiern für Landammann und Kantonsratspräsident. Inhaltlich halte ich mich in der Fraktionssitzung eher zurück, weil ich den Entscheidungsfindungsprozess neutral moderieren möchte; das fällt mir manchmal schwer!
Eine erste Herausforderung war sicher die Zuteilung der Kommissionssitze nach der Wahl des neuen Kantonsrats. Da einige erfahrene Kantonsräte zugunsten des «Nachwuchses» auf Kommissionssitze verzichteten, fand sich dann doch eine Lösung, die fast alle Wünsche berücksichtigen konnte. An dieser Stelle einen herzlichen Dank für die Kompromissbereitschaft an meine Kolleginnen und Kollegen!
Seit dem Legislaturwechsel ist die Mehrheitsbeschaffung im Kantonsrat definitiv eine Herausforderung, wenn wir bei einer Vorlage nicht deckungsgleich mit der SVP und der FDP unterwegs sind! Diese neue Ausgangslage wird uns für die nächsten dreieinhalb Jahre erhalten bleiben.
Im Jahr 2024 gab es für mich bisher zwei deutliche Höhepunkte. Einerseits die – wenn auch knappe – Annahme des Verwaltungszentrums Kaltbach in der Volksabstimmung; ein Nein hätte uns sehr weit zurückgeworfen und die ganze Eigentümerstrategie des Kantons auf den Prüfstand gestellt. Und andererseits die Unterstützung unserer Motion für einen Lohndeckel für die Geschäftsleitung der Schwyzer Kantonalbank im Kantonsrat – auch hier ein knappes Mehr, aber eine angenehme Überraschung angesichts der Positionen der Fraktionen.
- Wie läuft der Entscheidungsprozess innerhalb Ihrer Fraktion ab?
Alle Geschäfte bzw. Vorlagen, die im Kantonsrat traktandiert sind, werden vorab in der zuständigen Kommission behandelt. Es gibt sieben ständige Kommissionen des Kantonsrats, die sich jeweils um ein Themengebiet kümmern. In jeder Kommission hat es Mitglieder der Mitte, die damit Fachleute für das entsprechende Themengebiet sind.
Etwa eine Woche vor der Kantonsratssitzung treffen wir uns zur Fraktionssitzung; das sind alle 23 Kantonsrätinnen und Kantonsräte und unsere beiden Regierungsräte. Unser Parteisekretär ist ebenfalls dabei.
Als Vorbereitung für diese Sitzung erstellt für jede Vorlage ein Kommissionsmitglied eine Zusammenfassung mit einem Antrag an die Fraktion, damit alle Fraktionsmitglieder über jede Vorlage detailliert Bescheid wissen. Die Vorlagen werden dann an der Fraktionssitzung diskutiert, Argumente abgewogen, bis sich alle Mitglieder eine Meinung gemacht haben. Anschliessend stimmen wir an der Fraktionssitzung ab.
Bei den meisten Vorlagen haben wir eine ziemlich geschlossene Position, bei wenigen Vorlagen ist das Verhältnis vielleicht 2:1 oder sogar 1:1. Eigentliche Flügelkämpfe hatten wir in den letzten Jahren keine, unsere Wertebasis ist recht homogen. - Wie gestalten sich die Zusammenarbeit und die Koordination mit anderen Parteien im Kantonsrat?
Die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen läuft einerseits informell über persönliche Beziehungen zwischen Kantonsrätinnen und Kantonsräten aus verschiedenen Fraktionen. Gründe können z. B. regionale oder berufliche Verbundenheit sein, die Zusammenarbeit in einer Kommission oder sonstige gemeinsame Interessen. Manchmal werden auch parlamentarische Vorstösse wie Postulate oder Motionen gemeinsam eingereicht.
Eher institutionalisiert und koordiniert ist der Austausch zwischen den Fraktionspräsidien. Vor allem wenn es um Vorlagen geht, bei denen die Zustimmung oder Ablehnung im Kantonsrat auf der Kippe steht, gibt es in den paar Tagen nach den Fraktionssitzungen, aber vor der Kantonsratssitzung intensive Kontakte. Dabei werden Kompromisse gesucht, damit eine Vorlage nach viel Vorarbeit nicht abstürzt oder damit eine Vorlage im eigenen Sinn beeinflusst werden kann.
Sehr wichtig ist, dass gerade bei komplexeren Vorlagen keine weitgehenden Anträge kurzfristig gestellt werden. Sonst artet die Debatte im Kantonsrat in eine «Kommissionssitzung» aus und wir fällen Entscheide, deren Konsequenzen gar nicht sauber durchdacht werden konnten. Damit steigt das Risiko, dass wir eine schlechte Gesetzgebung beschliessen, die Vollzugsprobleme mit sich bringt. Tritt das ein, haben wir unsere Aufgabe als Kantonsrat nicht erfüllt.
- Welche Ziele möchten Sie als Fraktionspräsident im kommenden Jahr erreichen?
Wir befinden uns im ersten Jahr der Legislatur 2024-2028. Wir haben in der Fraktion sieben neue Kantonsrätinnen und Kantonsräte. Die Sitze in den Kommissionen sind neu verteilt worden.
Ein erstes Ziel ist es deshalb, dass wir uns als Fraktion neu finden, eine freudige Zusammenarbeit entwickeln und erneut Expertise aufbauen.
Ein zweites Ziel ist es, dass wir parlamentarische Vorstösse einreichen, die relevant sind für das Wohl unserer Bevölkerung und Wirtschaft. Viele Vorstösse im Kantonsrat dienen nur dazu, ein Thema politisch zu bewirtschaften, ohne dass sie etwas zur Lösung eines konkreten Problems beitragen. Mein Anspruch ist es, dass wir uns hier von den anderen Fraktionen positiv abheben.
Und ein drittes Ziel ist es natürlich, dass wir unsere Positionen im Kantonsrat durchsetzen können. Bei den Fraktionsstärken der letzten Legislatur ist uns das sehr gut gelungen. In der aktuellen Zusammensetzung des Kantonsrats haben die SVP und FDP zusammen 57 von 100 Sitzen (vor den Wahlen: 53 Sitze). Bei Fragestellungen, in denen wir nicht in etwa auf der gleichen Linie wie SVP und FDP liegen, müssen wir also neu 7 statt 3 Kantonsrätinnen und Kantonsräte von rechts mit unseren Argumenten überzeugen. Das ist eine echte Herausforderung, die wir aber anpacken!